Am 16. Dezember begann die dritte Verhandlungsrunde für ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. Der DGB betont: Arbeitnehmerrechte und Sozialstandards sind nicht verhandelbar.
In Bali geht am Wochenende die neunte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) zu Ende. Die möglicherweise wichtigeren Debatten um zukünftige Regeln im Welthandel finden aber erst noch statt: Am 16. Dezember begann die dritte Verhandlungsrunde für ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU („Transatlantic Trade and Investment Partnership“, TTIP).
Geht es nach den Regierungen dies- und jenseits des Atlantiks, soll TTIP ein Abkommen der Superlative werden: Man will größtmögliche Marktliberalisierung beschließen und globale Standards setzen. Immer wieder wird betont, dass TTIP Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze bringen wird. Nicht nur in Europas Süden hofft man, stärkerer Freihandel könne endlich die Eurokrise beenden. Doch diese Hoffnungen sind übertrieben. Die ökonomischen Studien, die Wachstumseffekte vorhersagen, sind mit hohen Unsicherheiten behaftet und kommen zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Und selbst wenn man den Berechnungen Glauben schenkt:
Die zusätzlichen Jobs, die beispielsweise eine Studie der Bertelsmann Stiftung durch das Handelsabkommen mit den USA entstehen sieht, würden in den Krisenländern niemals die krisenbedingten Arbeitsplatzverluste ausgleichen. Die EU-Kommission selbst rechnet für Europa nur mit einem zusätzlichen jährlichen Wirtschaftswachstum im Promillebereich.
Sicherlich könnte ein gutes Abkommen Vorteile bringen: Eine sinnvolle Vereinheitlichung von Standards könnte Kosten sparen, eine Angleichung von Arbeitsstandards auf höchstem Niveau brächte Verbesserung für Beschäftigte, transatlantische Kooperation gegen Steuerflucht könnte wirksam sein. Leider sieht es derzeit aber nicht so aus, als wären das die Ziele der Verhandlungen.
Vielmehr könnte mit dem Abkommen der Druck zunehmen, öffentliche Dienstleistungen zu liberalisieren und zu privatisieren. Auch besteht die Gefahr, dass hohe Arbeits- oder Umweltstandards als „Handelshemmnis“ definiert und angegriffen werden oder dass niedrigere Standards des Handelspartners im Rahmen einer „gegenseitigen Anerkennung“ einfach akzeptiert werden.
Dass sogar die Fähigkeit von Staaten bedroht sein könnte, sinnvolle Regeln und Gesetze im Sinne der Bevölkerung zu beschließen, zeigt das EU-Handelsabkommen mit Kanada. Dieses steht kurz vor dem Abschluss, ist das erste EU-Abkommen mit einem Land der Nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA und gilt deshalb als mögliches Vorbild für TTIP. Bis jetzt enthält es einen Mechanismus, der es Unternehmen ermöglicht, Regierungen vor undurchsichtigen, internationalen Schiedsgerichten zu verklagen, um unliebsame Gesetzgebung anzugreifen. Mit ähnlichen Verfahren geht ein ausländischer Investor z. B. gegen den Atomausstieg in Deutschland vor. In Ägypten steht unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns unter Beschuss.
Dieses Verfahren – Investor-State Dispute Settlement genannt – ist ein Angriff auf die Demokratie. Es darf auf keinen Fall kommen. Weder im Handelsvertrag mit Kanada noch im Abkommen mit den USA. Arbeitnehmerrechte und Sozialstandards sind nicht verhandelbar.
Quelle: www.dgb.de