Die Aussiedler- und Migrantenpartei Einheit hat sich in Köln gegründet. Sie will bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr antreten. Würde nur ein Viertel aller Einwanderer für die Partei stimmen, könnte sie in den Stadtrat einziehen.
In Köln hat sich die Aussiedler- und Migrantenpartei „Einheit“ gegründet, die im kommenden Jahr bei den Kommunalwahlen antreten will. „Wir werden in den etablierten Parteien zu wenig gehört“, sagt Dimitri Rempel. „Es wird vor den Wahlen viel versprochen, weil man unsere Wählerstimmen haben will. Danach werden wir wieder vergessen.“ Rempel ist der stellvertretende Vorsitzende des Kölner Integrationsrats. Zehn Jahre lang war er in der SPD, nun will er Migranten und vor allem Aussiedlern mit einer neuen Partei mehr Gehör verschaffen.
Seine Rechnung ist einfach: Bis zu 70.000 Einwanderer aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion leben mittlerweile in Köln. Würden ein Viertel von ihnen für die neue Partei stimmen, wäre sie wahrscheinlich sogar in Fraktionsstärke im Stadtrat vertreten, wenn die Wahlbeteiligung auf einem ähnlichen Niveau wie beim letzten Mal bliebe.
Viel Aufsehen müsse er im Wahlkampf wahrscheinlich nicht erregen, sagt der 35-Jährige, der vor 18 Jahren mit seinen Eltern als Spätaussiedler aus der Ukraine nach Köln kam. „Es reicht, wenn die Leute wissen, dass es uns gibt.“ Viele dieser Einwanderer hätten noch nie gewählt. Wenn sie wüssten, dass andere Migranten ihre Interessen vertreten wollen, würden sie diese wählen, glaubt Rempel.
Seine Themen sind die Anerkennung von ausländischen Studien- und Berufsabschlüssen, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, bessere Bedingungen für Zeitarbeiter, die fehlende interkulturelle Kompetenz von Lehrern, Sprachförderung und Flüchtlingspolitik. Vor allem geht es aber um eine bessere Beteiligung der Migranten bei Entscheidungsprozessen oder in staatlichen Institutionen wie der Stadtverwaltung. Rempel wirbt für eine differenzierte Sicht auf die Probleme von Migranten. Alle würden immer in einen Topf geworfen, obwohl die Lebenswelten der verschiedenen Einwanderergruppen sehr unterschiedlich seien.
Ob es für die neue Partei, die auch in anderen Kommunen antreten will, so einfach wird, wie sich Rempel das vorstellt, ist schwer vorauszusagen. Gelingt es ihr jedoch, das Vertrauen der Einwandererfamilien aus Osteuropa zu gewinnen, ist sie eine ernsthafte Konkurrentin für die großen Parteien, die es seit Jahren nicht schaffen, die Zusammensetzung der Bevölkerung in ihren Fraktionen abzubilden.
Schon bei der Kommunalwahl 2009 war es den Parteien nicht gelungen, den Anteil von Ratsvertretern mit Migrationshintergrund zu steigern. Dem leichten Zuwachs in der SPD mit vier Menschen aus Familien mit ausländischen Wurzeln stand ein Schwund bei den Grünen gegenüber, die in ihrer Fraktion keinen einzigen Migranten mehr hatten. Auch FDP und Linke haben keinen Ratsvertreter mit Migrationshintergrund. In der CDU machen ein gebürtiger Türke und ein gebürtiger Holländer mit.
„Das ist natürlich nicht ausreichend und muss mehr werden“, sagt SPD-Ratsfrau Gonca Mucuk. „Parlamente müssen die Zusammensetzung der Bürgerschaft widerspiegeln.“ Von Rempels Initiative hält sie jedoch genau so wenig wie CDU-Parteichef Bernd Petelkau. So eine Partei sei „nicht notwendig“. Die Kölner CDU hat genau wie die Grünen ein Seminarangebot für mögliche neue Kandidaten aufgelegt. In beiden Parteien haben auch Menschen mit Migrationshintergrund mitgemacht. Ob manche von ihnen auf Kandidatenlisten landen wird, ist unklar. „Mein Ziel ist es, die CDU weiter zu öffnen“, so Petelkau.
Katharina Dröge, Parteichefin der Grünen, sieht positive Signale, dass die Kandidatenliste ihrer Partei vielfältiger wird. Man sei mit drei potenziellen Kandidaten im Gespräch. Die Überlegungen der Parteispitzen sind das eine, das Verhalten der Basis das andere. Quereinsteiger haben es schwer, Wahlkreise für Wunschkandidaten der Parteispitzen zu finden, ist nicht einfach. Die Kandidatenkür in den Ortsvereinen und -verbänden hat begonnen.
Quelle: www.ksta.de von Helmut Frangenberg