Der öffentliche Dienst muss mehr Menschen mit Migrationshintergrund einstellen, fordert der DGB. Denn bei der Beschäftigungsquote von MigrantInnen bleiben deutsche Ämter und Behörden hinter den meisten OECD-Staaten zurück.
Ende vergangenen Jahres wurden von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Zahlen zur Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt veröffentlicht.
Die Kernaussage für den öffentlichen Dienst in Deutschland lautet, dass gerade in diesem Bereich nicht von einer erfolgreichen Integration gesprochen werden kann. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. In keinem anderen OECD Land sind verhältnismäßig weniger Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst beschäftigt. Nur ca. 10 Prozent der Beschäftigten haben einen Migrationshintergrund, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung ca. 20 Prozent beträgt. Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein und valide Daten wurden bisher kaum erhoben. Jedoch gilt als sicher, dass auch strukturelle Zugangshürden eine Ursache sind.
Zukünftig wird sich der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung weiter erhöhen. Rund ein Drittel der in Deutschland lebenden Kinder bis zu fünf Jahren haben Eltern oder Großeltern mit ausländischen Wurzeln und aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Europa verlassen bereits heute vor allem Hochqualifizierte ihre Heimat – häufig Richtung Deutschland. Deutschland ist ein Einwanderungsland, jedoch spiegelt sich dies nicht im öffentlichen Dienst wider.
Für den DGB ist daher klar: Den bereits heute in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund und auch den Migranten und Migrantinnen von morgen muss eine Perspektive geboten werden, gerade auch im öffentlichen Dienst. Aus seiner Sicht werden hier Potentiale in fahrlässiger Weise verschenkt.
Gesellschaftliche Wirkung
Nach Auffassung des DGB birgt diese Tatsache – unabhängig von dem Umstand, dass die unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten per se eine Ungerechtigkeit darstellen – ein enormes gesellschaftliches Spannungs- und Spaltungspotential. Der Eindruck eines Ausschlusses von bestimmten Branchen aufgrund des Migrationshintergrunds wird zu Recht als Diskriminierung empfunden. Daher steht für den DGB fest, dass die Bevölkerung in soziostruktureller Hinsicht auch im öffentlichen Dienst repräsentiert sein sollte. Partizipation und der interkulturelle Austausch bauen Hemmnisse und Vorbehalte ab und können als Integrationshebel dienen. Überdies könnten Bürgerinnen und Bürger ohne Migrationshintergrund für strukturelle Diskriminierung sensibilisiert, dadurch Vorurteile abgebaut und zugleich Akzeptanz geschaffen werden.
Positiver Nutzen für den öffentlichen Dienst
Neben den Gefahren einer mangelnden Integration wird nach Auffassung des DGB auch der potentielle Nutzen für den öffentlichen Dienst verkannt. Neben dem intrinsischen Wert der Integration sollten die positiven Effekte und Wirkungen nicht unterschätzt werden. So könnte zum Beispiel aufgrund der Vielfalt an Sprachkenntnissen und interkulturellen Kompetenzen das Angebot an Kommunikationsmöglichkeiten erweitert und damit die propagierte Bürger- bzw. Serviceorientierung des öffentlichen Dienstes gestärkt werden. Um dem eigenen Anspruch der modernen, offenen und bürgerorientierten Verwaltung zu genügen, bedürfe es der Öffnung selbiger. Der öffentliche Dienst könne seine Aufgaben nur adäquat wahrnehmen, wenn die Verbindung zwischen ihm und der Bevölkerung als Adressat seiner Aufgaben gewahrt bleibt.
Demografische Notwendigkeit
Weiterhin sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass der öffentliche Dienst vor großen Umbrüchen steht. Die Wirkungen des demografischen Wandels sind heute schon spürbar und im öffentlichen Dienst treten sie aufgrund des verhältnismäßig hohen Altersdurchschnitts der Beschäftigten in verschärfter Form auf. Für viele frei werdende Stellen werden bereits heute keine geeigneten Fachkräfte mehr gefunden und in den nächsten Jahren wird der öffentliche Dienst weitere kaum zu kompensierende Altersabgänge verzeichnen. Ein handlungsfähiger öffentlicher Dienst braucht aber kompetente Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Es gilt alle Menschen mit entsprechender Qualifikation anzusprechen. Für den DGB steht fest: Deutschland kann es sich nicht leisten bestimmte Menschen von Vornherein von der Partizipation auszuschließen.
Umgehende Lösung
Der DGB fordert daher, dass die Öffnung des öffentlichen Dienstes für Menschen mit Migrationshintergrund der Anspruch von Politik und öffentlichem Dienst sein muss. Hierbei seien die Personalräte einzubinden. Auch müsse die neue Bundesregierung gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen und den Gewerkschaften einschließlich der Personalvertretungen in einen Dialog für ein Aktionsprogramm „Migranten im öffentlichen Dienst“ treten. Eine wirkungsvolle Integration lasse sich hierbei nur erreichen, wenn Vertreter und Vertreterinnen von Menschen mit Migrationshintergrund sowie die Gewerkschaften und ihre Spitzenorganisationen eingebunden werden, und zwar auf Augenhöhe. Die Öffnung des öffentlichen Dienstes für Menschen mit Migrationshintergrund wäre der Akzeptanz und Wertschätzung selbigem gegenüber zuträglich.
Quelle: www.dgb.de