Europa: Wachstumsbremse für die Weltwirtschaft

Der Internationale Währungsfonds prognostiziert eine Erholung der Weltwirtschaft – doch diese droht an Europa vorbeizuziehen. Jetzt fordert sogar der IWF ein Ende der Sparpolitik in der Eurozone.

Am Wochenende (20/21.04.) droht wieder Euro-Bashing: Auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden sich Schäuble & Co. Kritik gefallen lassen müssen. Denn der Ausblick auf die Entwicklung der Weltwirtschaft, den der IWF vorab veröffentlicht hat, zeigt, dass die globale Erholung an uns vorbeizuziehen droht – und Europa zur Wachstumsbremse für die Weltwirtschaft wird. Es wird bezweifelt, dass der Kern der Eurozone der Peripherie noch helfen kann, wenn auch Frankreich in die Rezession rutscht. Während Bundeskanzlerin Merkel hofft, dass Hollande am Sparkurs festhält, fordert der IWF unverblümt dessen Ende und der neue Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Fratzscher –„Deutschland spart viel zu viel“ – einen Investitionspakt. Gut so.

Die IWF-Zahlen zeigen die Spaltung der Weltkonjunktur (siehe Abbildung): Das globale Wachstum soll in diesem Jahr 3,3 Prozent betragen. Die Schwellenländer (BRICS) werden als Vorreiter 2013 um 6,2 Prozent und 2014 um 5,7 Prozent wachsen. Auch die USA kehrt laut IWF auf einen soliden Wachstumspfad zurück (2013: 1,9 Prozent; 2014: 3 Prozent). Selbst Japans BIP soll dank der lockeren Geld- und Finanzpolitik in diesem Jahr um 1,6 Prozent und im nächsten Jahr um 1,4 Prozent steigen. Die Eurozone hingegen wird 2013 voraussichtlich um 0,3 Prozent schrumpfen und 2014 mit +1,1 Prozent Anschluss suchen – wenn es keine negative Überraschung gibt. Um diese Abwärtsspirale zu stoppen, Wachstumsdynamik in Gang zu setzen und damit der Haushaltskonsolidierung in der EU ein ökonomisches Fundament zu verleihen, fordert der IWF weitere Zinssenkungen, eine Lockerung des Sparkurses und eine Stärkung des privaten und öffentlichen Konsums. Damit widerspricht der IWF sogar seiner eigenen Politik als Teil der „Troika“. Der Grund: Die Rezession in Europa wird immer bedrohlicher. Frankreich verlässt 2013 laut IWF-Prognose mit -0,1 Prozent die Wachstumszone.

In Spanien und Italien vertieft sich die Krise. Die Industrieproduktion lag im Februar um 6,5 Prozent in Spanien, um 3,8 Prozent in Italien und um 2,5 Prozent in Frankreich unter dem Vorjahreswert. Die rigorose Sparpolitik hinterlässt immer mehr Spuren der wirtschaftlichen und sozialen Verwüstung. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Kritik am von Deutschland vorgegebenen Sparkurs in Europa wächst. Nicht nur die französische Regierung kritisiert die harte und einseitige Sparpolitik in Europa scharf. Selbst Spaniens konservative Regierung fordert einen „Kurswechsel“ in der europäischen Wirtschaftspolitik, um mehr Wachstum zu ermöglichen. Auch der neue DIW-Chef Fratzscher fordert – anders als die Mehrheit der ökonomischen Zunft Deutschlands – mehr Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Energie.

Und für einen solchen Kurswechsel hat der DGB einen Marshallplan für Europa vorgeschlagen, der ökologische, wirtschaftliche, bildungs- und arbeitsmarktpolitische Ziele miteinander verbindet und für Wachstum, 9 Millionen Vollzeitstellen, die Reduktion des CO2-Ausstoßes, Zukunftstechnologien und mehr Steuereinnahmen sorgt. Es gibt also Alternativen zu Merkels Spardiktat. Für Wohlstand für alle.

Quelle: www.dgb.de

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in News von Vivi. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.