Bis zum Sommer hat Griechenland die EU-Ratspräsidentschaft inne. Für sechs Monate sitzt es einem Club von Regierungen vor, welche der griechischen Bevölkerung immer wieder fatale Kürzungsorgien und damit wirtschaftliche Depression verordneten.
Da hilft es wenig, dass der deutsche Außenminister jetzt die „Fortschritte“ in Griechenland lobt und der griechische Regierungschef Samaras froh verkündet, der Staatshaushalt fahre Überschüsse ein, der Tourismus boome und die Bevölkerung profitiere von sinkenden Mieten. Die griechische Wirklichkeit ist dunkel.Tatsächlich wird Athen 2013 voraussichtlich ein Plus im Primärhaushalt (also ohne Kreditzinszahlungen) erzielen. Allerdings wohl nur, weil öffentliche Gehälter und Rechnungen noch nicht bezahlt sind. Zudem gelten die Defizite in den Sozialkassen und die Steuereinnahmen als optimistisch kalkuliert. Abgesehen davon: Wenn die Senkung des Haushaltsdefizits auf der drastischen Senkung des Lebensstandards beruht, werden Wirtschaftskraft und Steuereinnahmen nicht steigen, Zinszahlungen nicht sinken und die Schuldenlast bleibt langfristig untragbar. In Griechenland hat der fatale Kürzungskurs die Staatsschulden auf diese Weise auf 176 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ansteigen lassen.
Der Tourismus-Boom hat sich auf dem Arbeitsmarkt kaum positiv ausgewirkt. Zwar kamen über 15 % mehr ausländische Touristen. Zugleich brach jedoch der Binnentourismus ein. Zudem gilt mittlerweile ein Tariflohn, der 15 % niedriger liegt als 2012.
Die Mietpreise haben sich seit Beginn der Krise halbiert. Aber auch dies sehen viele Griechen nicht positiv, denn 77 % haben Wohneigentum. Für sie sind Mieteinnahmen wichtig. Stattdessen steigt die Belastung durch höhere Immobiliensteuern.
Das ganze Desaster zeigt sich jedoch erst an den Fundamentaldaten. Die Wirtschaftsleistung sank im dritten Quartal 2013 erneut – preisbereinigt um drei Prozent zum Vorjahr. Die privaten Konsumausgaben fielen im selben Zeitraum um 8,1 %, seit Mitte 2008 insgesamt schon um rund 27 %. Bei den Investitionen sieht es noch fataler aus: Seit sechs Jahren sinken die realen Bruttoanlageinvestitionen im dritten Quartal 2013 erneut um 12,6 %. Sie liegen heute fast um zwei Drittel niedriger als 2007.
Die Zahlen zeigen: Der Plan, mit Lohn- und Ausgabenkürzungen Griechenlands Wirtschaftskraft zu stärken und Jobs zu schaffen funktioniert nicht. Wirtschaftliche Strukturen werden vielmehr unwiederbringlich zerstört – und mit ihnen Einkommen und Arbeitsplätze.
Selbst in der touristischen Hochsaison betrug die griech. Arbeitslosenquote 27,4 %. Über zwei Drittel der Arbeitslosen erhalten inzwischen nur noch 200 Euro Überlebenshilfe. 27 % der Beschäftigten arbeiten unversichert. Die Summe der Arbeitnehmerentgelte sank im dritten Quartal 2013 um 8,9 % zum Vorjahr und
um 40 % zu 2009. Das Land der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft steckt tatsächlich in einer tiefgreifenden Depression. Griechenland braucht endlich einen Kurswechsel!
Quelle: www.dgb.de