Fast sechs Millionen junge Menschen in Europa finden keine Arbeit. In Griechenland und Spanien liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei mehr als 50 %, die jungen Menschen sind Opfer einer Wirtschaftskrise, die in erster Linie die Banken zu verantworten haben.
Der Anteil der jugendlichen Arbeitslosen lag 2013 bei 23,6 % und war damit doppelt so hoch wie derjenige aller Altersgruppen, da waren es 10,7 %. Wenn junge Menschen überhaupt eine Arbeit haben, arbeiten sie überproportional oft in prekären Beschäftigungsverhältnissen und sind somit im doppelten Sinn die Verlierer der gegenwärtigen Politik. Viel wurde darüber geredet, wenig wurde getan – das muss sich ändern.Wir brauchen einen Mix aus kurz-, mittel- und langfristig wirkenden Maßnahmen, um das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen und den jungen Menschen zu helfen – denn darauf haben sie einen Anspruch.
Die Krisenpolitik der EU hat versagt
Europas Jugend braucht so schnell wie möglich Ausbildung und Arbeit. Kurzfristig müssen wir ihr helfen, Beschäftigung zu finden – über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Lohnkostenzuschüsse für junge Beschäftigte oder Hilfen bei Kreditklemmen gerade für kleine Unternehmen.
Zu den kurzfristigen Maßnahmen gehört auch die Jugendgarantie, die vom Rat der Europäischen Arbeits- und Sozialminister unterstützt wird. Sie soll sicherstellen, dass allen jungen Menschen unter 25, die arbeitslos werden oder nach dem Schulabschluss keine Arbeit finden, binnen vier Monaten eine hochwertige Arbeitsstelle oder Weiterbildungsmaßnahme oder ein hochwertiger Ausbildungs- oder Praktikumsplatz angeboten wird.
Die Wirksamkeit der Jugendgarantie wird dabei maßgeblich von der praktischen Umsetzung und den bereitgestellten Finanzmitteln abhängen. Niemand soll behaupten, dafür sei kein Geld da. Binnen kürzester Frist standen dreistellige Milliardensummen für die Rettung der Banken bereit. Wenn jetzt beim Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit geknausert wird, ist das ein fatales Signal.
In die Zukunft investieren
Leider bewirkt die gegenwärtige Krisenpolitik der Europäischen Union und der deutschen Bundesregierung genau das Gegenteil: der Konjunkturmotor wird nicht angeschmissen, sondern immer wieder abgewürgt. Das Spardiktat hat in den Krisenstaaten verheerende Folgen, Arbeitslosenzahlen und Haushaltsdefizite wachsen weiter, die Wirtschaft stagniert. Auch die Regierungen in den Krisenländern haben Fehler gemacht. Doch die strikte Austeritätspolitik und die damit verbundenen Lohnsenkungen und Massenentlassungen – von der deutschen Regierung federführend durchgesetzt – haben die Krise drastisch verschärft.
Mittelfristig brauchen die Krisenstaaten statt radikaler Kürzungen ein Zukunfts- und Investitionsprogramm in Bildung, Infrastruktur und Wirtschaft. Der Marshall-Plan des DGB bietet dazu konkrete Vorschläge – darunter 30 Milliarden Euro für Bildung und Ausbildung. Wir können uns nicht aus der Krise sparen, wir müssen aus der Krise herauswachsen und in die Zukunft investieren.
Langfristig ist es sinnvoll, dass die europäischen Länder sich austauschen und bei der Ausbildung voneinander lernen. Es spricht auch nichts dagegen, dass einige unserer europäischen Partner darüber nachdenken, Teile des dualen Ausbildungssystems zu übernehmen. Man muss sich nur über Folgendes klar sein: dabei kann es nicht um einen schlichten Export gehen und das duale System hilft nicht, die Jugendarbeitslosigkeit kurzfristig zu bekämpfen. Der Aufbau dualer Strukturen dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.
Notwendig sind Ausbilder in den Betrieben, das Zusammenspiel zwischen Berufsschulen und Betrieben sowie Gewerkschaften und Arbeitgebern. Die Betriebe müssen bereit sein, Ausbildungsvergütungen zu zahlen. Realistischer ist daher ein Transfer dualer Elemente inklusive Mindeststandards – zum Beispiel die Ausbildungsdauer, der Ausbildungsvertrag sowie die gemeinsame Steuerung durch Regierung und Sozialpartner.
Der deutsche Ausbildungsmarkt hat massive Probleme
Eine weitere Antwort auf die Jugendarbeitslosigkeit sieht die Bundesregierung in dem 140 Millionen Euro schweren Förderprogramm MobiPro-EU. Damit sollen junge Menschen aus Europa eine Ausbildung in Deutschland bekommen. Doch die Mittel reichen höchstens für 5.000 junge Menschen, das muss man wissen. Selbstverständlich sind uns junge Europäerinnen und Europäer, die für eine Ausbildung nach Deutschland kommen, herzlich willkommen. Aber das Problem der Jugendarbeitslosigkeit lässt sich auf diese Weise nicht lösen.
Im Übrigen gibt es auch auf dem deutschen Ausbildungsmarkt massive Probleme. 270.000 Jugendliche befinden sich in Warteschleifen ohne Aussicht auf eine abgeschlossene Ausbildung und 1,4 Millionen junge Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren haben keinen Berufsabschluss. Momentan wird mit der Zukunft der Jugend gespielt. Wenn eine ganze Generation für die europäische Idee verloren geht, dann ist Europas Zukunft in Gefahr. Die im Mai anstehende Europawahl bietet eine wichtige Chance für ein Umdenken der jetzigen Politik. Ein schlichtes „Weiter so“ wird eines der größten Probleme in Europa nicht lösen.
„Spiel mit dem Feuer“ – Gastbeitrag von Elke Hannack im Magazin The European vom 28.01 2014
Quelle: www.dgb.de