Kölner Gewerkschaften zur gegenwärtigen Situation in der Gesellschaft. Aus Sicht der Kölner Gewerkschaften ist der gesellschaftliche Zusammenhalt gefährdet:
Die Polarisierung in der Gesellschaft nimmt zu; Vermeintlich einfache Lösungen und Feindbilder haben Konjunktur; Eskalation statt Kompromiss; Gewalt, von der verbalen Forderung zur Einführung des Schießbefehls an den Grenzen, bis hin zu Anschlägen, Angriffen und Mordversuchen zeigen eine Radikalisierung und Verrohung in einem bedrohlichen Ausmaß. Alleine in 2015 erfolgten 1.005 Übergriffe auf Unterkünfte für Geflüchtete.
Für die Kölner Gewerkschaften ist klar:
-Nationalismus führt in die Katastrophe: Nationalismus, Rassismus und Rechtsextremismus sind keine Alternative, sondern eine Ideologie, die Menschenrechte und gewerkschaftliche Grundwerte mit Füßen tritt. Nach NPD und Pro-Gruppierung zeigt die AfD durch immer stärker hervortretende nationalistische und rassistische Aussagen eine rechtsextremistische Ausrichtung.
-Menschenrechte sind unteilbar: Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, haben das Recht auf eine schnelle und faire Prüfung. Ihnen ist nicht anzulasten, dass der Staat diese Prüfung nicht in angemessener Zeit leisten kann. Außerdem zeigt sich eine verfehlte Einwanderungspolitik;
-Deutschland braucht ein modernes Einwanderungsgesetz. Ohne ein entsprechendes Gesetz bleibt vielen Menschen nur der Weg über das Asylrecht.
-Verantwortung für Fluchtursachen übernehmen: Zäune und Abschottung sind keine Lösung, sondern führen zu Ausweichbewegungen und humanitären Katastrophen. Vielmehr müssen die Fluchtursachen bekämpft werden. Dazu gehört auch der selbstkritische Blick, welche Verantwortung Deutschland und die anderen Industrienationen mit der bisherigen Außen-, Wirtschafts-, Finanz-, Entwicklungs- und Rüstungspolitik an den Fluchtursachen haben.
-Soziale Gerechtigkeit statt Populismus: Deutschland ist reich! Der Reichtum ist aber ungleich verteilt. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer. Das reichste Zehntel besitzt 66% des Geld- und Sachvermögens. Dies ist eine Gefahr für die Gesellschaft! Wir brauchen eine Steuerreform, die dazu beiträgt, mehr soziale Gerechtigkeit herzustellen und die Handlungsfähigkeit des Staates zu sichern, z.B. durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.
-Europa ist in Gefahr: Europa ist reich. Doch auch hier gilt, dass der Reichtum ungleich verteilt ist. Nationale Egoismen verhindern eine solidarische Politik, die die Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die europäische Wirtschaftskrise ist nicht überwunden: Griechenland steht immer noch am Abgrund; Arbeitslosigkeit und Sozialabbau beherrschen viele europäische Länder.
-Alle Menschen sind gleich: Deswegen brauchen wir keine Sonderlösungen für Geflüchtete, z.B. die Aussetzung des Mindestlohns oder spezielle Wohnungsbauprogramme. Wir brauchen den Mindestlohn für alle! Wir brauchen bezahlbaren Wohnungen für alle. Wir brauchen gleiche Bildungschancen für alle. Nicht die Geflüchteten sind das Problem, sondern die soziale Ungerechtigkeit in Deutschland, in Europa und in der Welt.
Für die Kölner Gewerkschaften bedeutet das:
Nein zu Rechtsextremismus! Wir treten klar und deutlich gegen jegliche Form von Rechtsextremismus und Rassismus ein und engagieren uns in Bündnissen und Netzwerken gegen Rechts.
Argumente statt Vorurteile! Einen besonderen Schwerpunkt legen wir auf die Aufklärungsarbeit am Arbeitsplatz, in Betrieben und Verwaltungen. Populistische, rechtsextremistische oder rassistische Aussagen in der Kantine, an der Werkbank oder im Büro dürfen nicht unwidersprochen bleiben.
Ursachen benennen! Wir lassen es nicht zu, dass Geflüchtete zu „Sündenböcken“ einer verfehlten Politik gemacht werden. Es geht im Kern um fehlende soziale Gerechtigkeit. Hier haben die Gewerkschaften mit ihren Renten-, Steuer- oder Arbeitsmarktkonzepten, mit ihren Vorschlägen für ein besseres Bildungssystem, mehr Wohnungsbau, einen Marshall-Plan für Europa und weiteren Positionspapieren klare Wege aufgezeigt.
Handlungsfähigen Staat stärken! Wir treten allen Versuchen entgegen, über den sogenannten Bürokratieabbau, über Stellenkürzungen oder Privatisierungen die Aufgaben des Staates zurückzuführen.
„Markt statt Staat“ verstärkt soziale Ungleichheit! Ein umfassendes Angebot der Daseinsvorsorge ist Garant für Teilhabe und für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
Öffentlichen Dienst schützen! Die derzeitige Flüchtlingssituation bringt große Teile des öffentlichen Dienstes an die Grenzen der Leistungsfähigkeit. Polizei, Justiz, Verwaltung, Sozial- und Erziehungsdienste sind besonders betroffen. Hier macht sich der Personalabbau im öffentlichen Dienst bemerkbar. Die Herausforderungen der Flüchtlingssituation dürfen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden und zu Lasten der Angebote für die übrige Bevölkerung gehen. Wir fordern die öffentliche Hand auf, mit mehr Personal entgegenzusteuern und „Gute Arbeit“ zu sichern.
Geflüchtete vor Ausbeutung schützen! Geflüchtete sind keine Menschen zweiter Klasse. Deswegen lehnen wir eine Aufweichung des gesetzlichen Mindestlohns ab. Zudem müssen wir Geflüchtete davor schützen, dass ihre besondere Lage ausgenutzt wird, z.B. durch Schwarzarbeit.
Über das Projekt „Faire Mobilität“, über muttersprachliche Informationen sowie über die satzungsmäßige Rechtsberatung bieten Gewerkschaften Hilfe und Unterstützung an.
Integration fördern! Integration ist eine zentrale Aufgabe: Investitionen in Sprache, Bildung, Arbeit und Wohnung sind elementare Bedingungen für eine Integration. Gerade in den Bereichen Ausbildung und Arbeit können Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter über Betriebs- und Personalräte, als Ausbilderinnen und Ausbilder, wesentlich zu einer gelingenden Integration beitragen.
Probleme benennen! Natürlich führt der Zuzug von vielen Menschen auch zu Problemen und Konflikten. Dies darf nicht verschwiegen werden. Verallgemeinerungen, Pauschalierungen oder gar Vorverurteilungen widersprechen hingegen dem Rechtstaatsgebot.
Grundwerte leben! Nur wer selber Grundwerte lebt, kann dies auch von Zugewanderten einfordern.
Sexismus ist kein Flüchtlingsproblem. Sexismus gab es auch vorher in unserer Gesellschaft.
Traditionelle Rollenverständnisse, Intoleranz, Egoismus, Bandenkriminalität oder Gewalt sind ebenfalls keine neuen Phänomene. Sie gehören immer bekämpft, genauso wie Steuerhinterziehung, Korruption, Geldwäsche und weitere Formen von Wirtschaftskriminalität.
Grundwerte beweisen sich erst in der Krise! Jetzt kommt es darauf an, Haltung zu zeigen und für unsere Grundrechte einzustehen – damit Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität keine Worthülsen sind.
Quelle: www.koeln-bonn.dgb.de