Mindestlohn: 8,50 Euro pro Stunde sind kein europäischer Spitzenwert

Nach Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) -Mindestlohnexperten Dr. Thorsten Schulten „läge Deutschland mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde noch deutlich unterhalb des Mindestlohnniveaus in anderen westeuropäischen Staaten. Dies gilt erst recht, wenn man die entsprechende Kaufkraft des Mindestlohns berücksichtigt. Auch gemessen am Medianlohn, dem mittleren Stundenlohn, den Beschäftigte erhalten, stellen 8,50 Euro keineswegs einen ungewöhnlich hohen Wert da“, betont Schulten.

Von den insgesamt 21 EU-Staaten, die über einen gesetzlichen Mindestlohn verfügen, liegt dieser in fünf Staaten oberhalb von 8,50 Euro. Hierzu gehören Luxemburg mit einem Spitzenwert von 11,10 Euro, sowie Belgien, die Niederlande und Frankreich mit Werten zwischen 9,07 und 9,43 Euro. Selbst im krisengeplagten Irland liegt der Mindestlohn mit 8,65 Euro noch oberhalb der in Deutschland derzeit diskutierten Marke.

Der Vergleich gesetzlicher Mindestlöhne gemessen in Euro wird zudem teilweise durch starke Wechselkursschwankungen verzerrt. Dies gilt insbesondere für Großbritannien, dessen nationale Währung gegenüber dem Euro in den letzten Jahren um mehr als 30 % abgewertet hat. Ohne diese Abwertung würde der britische Mindestlohn heute ebenfalls bei mehr als 9 Euro liegen.

Für die Beurteilung der Höhe eines Mindestlohns muss darüber hinaus berücksichtigt werden, welche Kaufkraft mit dem Mindestlohn verbunden ist. Um die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in Europa zu berücksichtigen, hat das WSI die Mindestlöhne auf der Grundlage von Kaufkraftparitäten neu berechnet.

Ein Mindestlohn von 8,50 Euro würde demnach in Deutschland einem Kaufkraftstandard (KKS) von 7,14 Euro entsprechen. Der kaufkraftbereinigte Mindestlohn in Deutschland würde damit etwa auf dem Niveau des Mindestlohns in Großbritannien und deutlich unterhalb der Mindestlöhne in Frankreich, den Beneluxstaaten und Irland liegen.

Für Deutschland hat WSI-Forscher Schulten die aktuellsten vorliegenden Daten aus der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet. Sie weist für das Jahr 2011 einen Medianlohn für Vollzeitbeschäftigte von 2.829 Euro brutto pro Monat aus. Bei einer 40-Stunden-Woche entspricht dies einem Medianlohn pro Stunde von 16,35 Euro. Dementsprechend würde ein Mindestlohn von 8,50 Euro im Jahr 2011 bei 52 % des Medianlohns liegen. Berücksichtigt man darüber hinaus die Gehaltsteigerungen der Jahre 2012 und 2013, so entsprechen 8,50 Euro heute etwa 50 % des Medianlohns. Mit diesem Wert befindet sich Deutschland lediglich im europäischen Mittelfeld.

Quelle: www.boeckler.de

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