Gesetz gegen überhöhte Managergehälter ist nur ein Placebo

Eine Begrenzung ist nötig, damit sich Manager nicht völlig von der Gesellschaft abkoppeln. Vor dem Hintergrund der Schweizer „Abzocker-Initiative“ will die Bundesregierung bei börsennotierten Gesellschaften der Hauptversammlung das letzte Wort geben. „Damit Vernunft und Maß bei der Bezahlung von Managern nicht verloren gehen“, so das Justizministerium. Doch offenbar sieht das nur die Koalition so. Bravo-Rufe sind nirgendwo zu hören, im Gegenteil! Die Kritik reicht von „wirkungslos“ bis „systemwidrig“. Zustimmung von Arbeitgebern,  Wissenschaft und Gewerkschaften – Fehlanzeige!

Das Vorhaben krankt an drei Punkten.

Erstens ist eine Kapitalgesellschaft nicht nur eine Angelegenheit der privaten Anteilseigner. Sie besitzen nur Anteilsscheine und nicht das Unternehmen. Ein Unternehmen als juristische Person gehört sich selbst. Es muss stets alle Stakeholder berücksichtigen – besonders natürlich die Interessen der Kunden und Belegschaft. Die Beschäftigten haben – anders als Kapitalanleger – ein langfristiges Interesse an ihrem Unternehmen. Es ist ihre Existenzgrundlage. Deshalb bestimmen sie mit.

Zweitens spiegelt die Hauptversammlung nur die Interessen bestimmter Aktionäre wider. Aktionärsdemokratie? Aktionäre sind auf der Hauptversammlung meist nicht persönlich anwesend. Banken und Fondsgesellschaften prägen die Abstimmungsmehrheit. Zudem: der Besitz an Aktien wechselt schnell, hoher Profit ist erwünscht, langfristige Unternehmensziele spielen eine untergeordnete Rolle.

Drittens würde durch die Novelle der ganze Aufsichtsrat abgewertet – die Manager reden dann lieber gleich mit den Investoren über ihre Vergütung. Und: die Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wird hier kassiert. Das nimmt die Koalition offenbar billigend in Kauf.

Die im Bundestags-Rechtsausschuss geäußerte Kritik war eindeutig: Finger weg von einer solchen Novelle! Man stelle sich nur die sehr unterschiedlichen Anträge und lebhaften Debatten auf der Hauptversammlung vor! Der Aufsichtsrat – in dem die Anteilseigner stets die Mehrheit haben – muss dagegen die Interessen aller Stakeholder berücksichtigen. Nicht nur die Gewerkschaften sind dagegen, dass Kapitalvertreter alleine entscheiden, wie ein Unternehmen geführt wird. Genau dies scheint jedoch die Absicht der FDP zu sein. „Wir waren immer dafür, dass die Eigentumsrechte gestärkt werden“, sagte Rainer Brüderle. Mit anderen Worten: das Unternehmen selbst und seine Beschäftigten sind nur nachrangig.

Entscheidungen zu Vergütungen gehören in den Aufsichtsrat

Die Managervergütungen werden derzeit keineswegs in Hinterzimmern ausgekungelt. Seit dem Vorstandsvergütungsgesetz werden sie im Plenum des Aufsichtsrates beraten und für jedes Vorstandsmitglied einzeln beschlossen. Nicht immer einstimmig, wenn z.B. die Relation zu den Arbeitnehmereinkommen aus dem Ruder läuft.

Der Aufsichtsrat ist das richtige Gremium, über Vorstandsvergütungen zu entscheiden. Alle, die etwas davon verstehen, sind dieser Meinung.

Das Schnellschuss-Gesetz der Bundesregierung mag rechtzeitig vor der Wahl die Schlagzeile „Schwarz-Gelb begrenzt Top-Gehälter“ produzieren. Eine dämpfende Wirkung wird es nicht haben. Im Gegenteil.

Erschienen im Handelsblatt, 21.08.2013, von Dietmar Hexel, DGB-Bundesvorstandsmitglied

Quelle: www.dgb.de

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