Neuer Hilferuf: Zypern-Drama beschäftigt Euro-Gruppe

Die Finanzminister der Euro-Gruppe müssen sich wieder mit Zypern beschäftigen – gerade mal drei Monate nach ihrer Rettungsaktion. Der Hilferuf aus Nikosia kommt nicht überraschend: Die Probleme des Bankensektors sind enorm.

Man kann es ja mal versuchen, mag Nikos Anastasiades sich gedacht haben. Der zyprische Präsident schickte diese Woche einen Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Darin beklagte er sich, dass die von der Euro-Gruppe beschlossene Schrumpfung des zyprischen Bankensektors „ohne sorgfältige Vorbereitung“ erfolgt sei.

Seine dringende Bitte: Die im März beschlossene Fusion der beiden größten Banken der Mittelmeerinsel, Bank of Cyprus und Laiki Bank, müsse noch einmal überdacht werden. Die Bank of Cyprus sei mit der Übernahme der Schulden der Laiki-Bank in Höhe von neun Milliarden Euro überfordert.

Der Bettelbrief aus Nikosia wurde in Brüssel, Berlin und Washington ungnädig aufgenommen. Es gebe keinen Grund, das gerade erst beschlossene Rettungspaket nachzuverhandeln, teilten Bundesfinanzministerium, EU-Kommission und  IWF unisono mit.

Auch die Euro-Finanzminister wollen bei ihrem Treffen in Luxemburg am Donnerstag hart bleiben. Sie werden sich mit dem Anliegen befassen, doch große Hoffnungen kann Anastasiades nicht machen.

Auf dem Papier sah der Plan simpel aus

Dabei kommt der Hilferuf aus Nikosia nicht überraschend. Es war schon im März fraglich, ob das Rettungspaket in Höhe von zehn Milliarden Euro überhaupt ausreichen würde. Die Troika aus EU-Kommission, (EZB) und IWF hatte darauf bestanden, dass kein Cent der Hilfskredite in die Banken fließt. Diese sollten sich durch den Zugriff auf Einlagen über 100.000 Euro selbst sanieren.

Auf dem Papier sah der Plan simpel aus: Der erhaltenswerte Teil der Laiki-Bank sollte in der Bank of Cyprus aufgehen, der Rest abgewickelt werden. Aus zwei aufgeblähten Instituten, die zusammen 80 Prozent Marktanteil hatten, sollte eine deutlich kleinere, überlebensfähige Bank entstehen. Das notwendige Kapital würden die Sparer bereitstellen, die ihr Geld dank Kapitalverkehrskontrollen auch nicht abziehen konnten.

Doch die Umsetzung erweist sich nun als schwierig. Die Bank of Cyprus kämpft mit akuten Liquiditätsproblemen. Die Laiki-Bank hatte neun Milliarden Euro an offenen Verbindlichkeiten, die aus früheren Notkrediten der zyprischen Notenbank resultierten. Zusammen mit den eigenen Verbindlichkeiten von zwei Milliarden Euro schuldet die Bank of Cyprus der Notenbank nun insgesamt elf Milliarden Euro. Die hohe Verschuldung führt dazu, dass der Zugang der Bank zu den Finanzmärkten stark eingeschränkt ist.

Widerstand aus Berlin

Anastasiades schlägt daher vor, die Fusion entweder rückgängig zu machen oder aber die kurzfristigen Notenbankkredite in langfristige Anleihen umzuwandeln und diese aus der Bankbilanz zu entfernen. Bei der zweiten Option würden der Notenbank – und damit der Europäischen Zentralbank – Verluste entstehen.

Die Euro-Gruppe lehnt beide Optionen ab. Sie klammert sich an die formale Position, dass die zyprische Regierung vor drei Monaten dem Restrukturierungsplan zugestimmt habe. Änderungen seien nun nicht nötig. Der größte Widerstand kommt wenig überraschend aus Berlin. Das Letzte, was Kanzlerin Angela Merkel im Wahlkampf gebrauchen kann, ist ein weiteres Hilfspaket für Zypern.

Doch lassen sich die Probleme nicht einfach wegwünschen. Es nützt niemandem, wenn die Bank of Cyprus nicht wieder auf die Beine kommt. Schon im März war klar, dass das Zehn-Milliarden-Euro-Hilfspaket nicht das letzte Wort ist. Viele Fragen blieben unbeantwortet: Weder gibt es einen Plan, wie die Kapitalverkehrskontrollen auf der Insel wieder aufgehoben werden können. Noch ist die langfristige Schuldentragfähigkeit gesichert. Schon jetzt sieht es so aus, als werde die Rezession auf Zypern viel schärfer ausfallen als erwartet. Früher oder später wird die Euro-Gruppe nachjustieren müssen.

Quelle: www.spiegel.de   von Carsten Volkery, London

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