Handlungsempfehlungen des Beirats der Integrationsbeauftragten
Beschlossen bei der Beiratssitzung am 24. September 2012
Integrationsbeirat fordert rechtliche Verbesserungen für Flüchtlinge und Menschen ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland
Der Beirat für Integration fordert umfassende rechtliche Verbesserungen für in Deutschland lebende Flüchtlinge und Menschen ohne Aufenthaltsstatus. In einem Beschluss spricht sich der Beirat für eine gesetzliche stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung für alle langjährig Geduldeten aus. Weitere Punkte sind u.a. eine möglichst frühe Möglichkeit zur Teilnahme an einem Integrationskurs für alle Einwanderer sowie ein genereller Zugang zum Arbeitsmarkt für alle in Deutschland lebenden Ausländer spätestens nach sechs Monaten. Für Menschen ohne Aufenthaltsstatus fordert der Beirat einen gesicherten Zugang zu medizinischer Versorgung.
Die vom Beirat beschlossenen Handlungsempfehlungen sind von einer Arbeitsgruppe des Gremiums unter Leitung von Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg erarbeitet worden. Vorsitzende des Beirats ist Staatsministerin Maria Böhmer:
“Der Beschluss des Beirats steht für ein neues Denken und den Paradigmenwechsel in der Integrationspolitik: Es gilt, die Leistungen aller Menschen in unserem Land auch unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus anzuerkennen. Mit Nachdruck unterstütze ich die Forderung nach einer gesetzlichen stichtagunabhängigen Bleiberechtsregelung. Für gut integrierte geduldete Jugendliche und Heranwachsende haben wir im vergangenen Jahr bereits ein eigenständiges, stichtagsunabhängiges Bleiberecht eingeführt. Das ist ein großer Fortschritt! Daran gilt es jetzt, mit einer generellen stichtagsunabhängigen Bleiberechtsregelung anzuknüpfen. Wer sich mit ganzer Kraft um die Sicherung des Lebensunterhalts bemüht, sollte eine dauerhafte Perspektive in unserem Land erhalten. Integrationsleistungen anzuerkennen, steht für unseren Grundsatz des Forderns und Förderns, betont Staatsministerin Böhmer.
Menschen in der Illegalität leben in ständiger Furcht. Schwangere Frauen und Kranke trauen sich nicht zum Arzt. Neugeborene erhalten keine Geburtsurkunde, Kinder gehen nicht in die Kita oder in die Schule, Krankheiten werden verschleppt. Dies verstößt gegen das Gebot der Menschenwürde. Um diesen Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen, müssen zum Beispiel die Übermittlungspflichten an die Ausländerbehörden eingeschränkt werden, sagt Donata Freifrau Schenck zu Schweinsberg, Vizepräsidentin des Deutschen Roten Kreuzes. Wichtig sei bei Kindern vor allem das Erlernen der deutschen Sprache vom ersten Tag an und ein möglichst früher Zugang zu Schule und Ausbildung.
Gesetzliche stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung
Eine gesetzliche, stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung für alle langjährig Geduldeten, die Integration anerkennt und humanitäre Aspekte großzügig berücksichtigt, ist eine der Handlungsempfehlungen. Der Beirat spricht sich dafür aus, dass für das Aufenthaltsrecht die überwiegende Sicherung des Lebensunterhalts der Familie bzw. das nachweisliche Bemühen hierum ausreicht. Als Grund wird genannt, dass die Betroffenen oft jahrelang vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden bzw. als gering Qualifizierte wenig verdienen.
Zugang zu Integrationskursen so früh wie möglich
Von entscheidender Bedeutung ist laut Beirat der frühe Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache von Anfang an- auch für Asylsuchende, Geduldete und Menschen mit humanitärem Aufenthalt: Die gute Kenntnis der deutschen Sprache ist nicht nur Voraussetzung für eine spätere Ausbildung oder die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Deutschland, sie erleichtert auch die von Anfang an erforderliche Kommunikation mit Behörden, Ärzten und im Alltag. Der Zugang zu Integrationskursen sollte aus diesem Grund allen Einwanderern so früh wie möglich offen stehen.
Schnellerer Zugang zum Arbeitsmarkt
Eine weitere zentrale Forderung ist, dass allen in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländern der Zugang zum Arbeitsmarkt spätestens nach sechs Monaten ermöglicht wird. Die Rahmenbedingungen für die in den 1980er und frühen 1990er Jahren eingeführten Arbeitsverbote für neu einreisende Ausländer hätten sich verändert: Ein erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Ausländerinnen und Ausländer hätte mehrere positive Auswirkungen: die Möglichkeit für die Betroffenen, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern sowie die bessere Integration in unsere Gesellschaft.
Verbesserungen für Menschen ohne Aufenthaltsstatus
Für Menschen ohne Aufenthaltsstatus soll der Zugang zur medizinischen Regelversorgung gewährleistet sein. Das bedeutet auch, dass die entsprechenden Übermittlungspflichten aufgehoben werden müssen. Es soll sichergestellt werden, dass Schwangere in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität ohne Risiken für Mutter und Kind die notwendige medizinische Versorgung erhalten und sie ohne Furcht vor Statusaufdeckung entbinden können. Für Kinder und Jugendliche ohne Aufenthaltsstatus sollen laut Beirat „gleiche Chancen wie für deutsche oder sich mit gesichertem Aufenthaltsstatus in Deutschland aufhaltende Kinder und Jugendliche realisiert werden. Deshalb soll für alle Kinder der Zugang zu Kita und Schule bundesweit erleichtert werden.
Den ausführlichen Beschluss des Beirats zu Flüchtlingen und Menschen ohne Aufenthaltsstatus erhalten Sie zum Download hier (pdf).