Manchmal wächst zusammen, was nicht so recht zusammengehört. So auch in der Diskussion über Flüchtlinge und qualifizierte Zuwanderer, bei der die Grenzen zwischen beiden Gruppen verschwimmen. Das verhindert bislang, dass die Politik die jeweils besten Rahmenbedingungen schafft. Die undifferenzierte Debatte spielt außerdem jenen in die Hände, die mit Ängsten und Vorurteilen auf Stimmenfang gehen.
Es ist deshalb höchste Zeit, das Zuwanderungsgesetz zu überarbeiten, nicht zuletzt, um die unübersichtliche Lage zu ordnen. Perspektivisch ist sogar ein neues Einwanderungsgesetz denkbar, das klar aufzeigt, wer unter welchen Voraussetzungen zum deutschen Staatsbürger werden kann.
Mit Blick auf die Flüchtlinge sollte wieder stärker in den Fokus rücken, dass diese aus blanker Not zu uns kommen. Sie fliehen vor Krieg, Zerstörung, Hunger und Tod. Es ist unsere humanitäre Pflicht, ihnen zu helfen. Und diese Verpflichtung steht über allen anderen praktischen Fragen, mag ihre Lösung auch noch so kompliziert und langwierig sein.
Am besten gelingt die Integration von Zuwanderern dann, wenn wir ihnen echte Teilhabe ermöglichen, vor allem am Arbeitsmarkt. Doch ausgerechnet diese – richtige – Feststellung führt oft auf die falsche Fährte. Denn manchmal werden die Flüchtlinge als jene ausländische Fachkräfte präsentiert, die unsere Volkswirtschaft braucht, um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken.
Qualifikationen nutzen
Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Über 23% der 2014 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge befragten Flüchtlinge hatten keine Schule besucht oder maximal fünf Jahre die Schulbank gedrückt. 62% der Erwachsenen verfügen über keine Berufsausbildung und hatten kein Studium abgeschlossen.
Allerdings sind viele Asylbewerber jung, weshalb aus ihnen – mittelfristig – durchaus Fachkräfte werden können. Doch dafür und für den Integrationserfolg insgesamt müssen einige bestehende Regeln gekippt und dafür neue geschaffen werden: Die Behörden müssen einheitlich erfassen, über welche Qualifikationen die Flüchtlinge verfügen.
Außerdem muss es Recht und Pflicht der Flüchtlinge sein, Integrationskurse zu besuchen. Sie sollten zudem nicht erst nach 15 Monaten in der Zeitarbeit tätig werden dürfen und die sogenannte Vorrangprüfung, ob es nicht auch einen innereuropäischen Bewerber für eine Stelle gibt, muss entfallen.
Es wäre außerdem sinnvoll, jene Flüchtlinge gleich als Erwerbsmigrant zu registrieren, die entsprechende Qualifikationen mitbringen. Dann stünden sie dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung und verursachten nicht zuerst – und völlig unnötig – Kosten.
Genau an dieser Stelle gerät das Zuwanderungsgesetz erneut in den Blick. Dessen Neufassung sollte unbedingt die Erwerbsmigration fördern. Bislang gelingt es nämlich nur begrenzt, den Fachkräftebedarf auf diesem Weg zu sichern: 2014 kamen lediglich 29.000 Erwerbsmigranten aus sogenannten Drittstaaten – also Ländern außerhalb Europas – nach Deutschland. Das ist kein Wunder, denn selbst Experten sind verunsichert, welcher Aufenthaltstitel wann gilt; für ausländische Doktoranden kommen aktuell zum Beispiel drei verschiedene in Frage.
Ergänzendes Punktesystem
Bei der Bewertung, wer als Erwerbsmigrant in Deutschland eine Chance bekommt, wäre ein ergänzendes Punktesystem zielführend. Das würde verschiedene Faktoren wie den Berufsabschluss oder die Deutschkenntnisse gewichten. Erfüllt ein ausländischer Interessent ein bestimmtes Punktesoll, steht seiner Einreise nichts mehr im Weg. Allerdings sollte das Aufenthaltsrecht später nur dann verlängert werden, wenn der Zuwanderer einen Job gefunden hat und genug verdient – Dänemark zeigt mit seiner Greencard, wie es funktioniert.
Für dieses neue Zuwanderungsrecht braucht es eine effiziente Administration. Nur mit ihr wäre gewährleistet, dass Entscheidungen einheitlich und nachvollziehbar ausfallen und etwaige Obergrenzen für den Migranten-Zuzug eingehalten werden.
Durch diesen Vorschlag haben qualifizierte Zuwanderer und Flüchtlinge dann übrigens doch wieder etwas gemeinsam: Auch in der Flüchtlingspolitik sollten die großen regionalen Unterschiede in der Administration schnellstmöglich ein Ende finden.
Quelle: www.iwkoeln.de