Schäuble vergisst die Normalverdiener

Dank des gesetzlichen Mindestlohnes und erfolgreicher Tarifverhandlungen sind zuletzt die Einzelhandelsumsätze kräftig gestiegen (klartext Nr. 16/2015 berichtete). Diese Entwicklung schlägt sich nun auch auf die zu erwartenden Steuereinnahmen nieder.

Von insgesamt rund 23 Milliarden Euro, die der Fiskus gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich an zusätzlichen Steuereinnahmen erzielen wird, sollen alleine 15,3 Milliarden Euro auf die Lohnsteuer und die Umsatzsteuer entfallen. Da diese Zahlen höher ausfallen, als zuletzt im November geschätzt, will Finanzminister Schäuble die Gunst der Stunde nutzen und sich als großzügiger Steuersenker präsentieren. Er plant, den Steuerzahlern ab 2016 durch eine Korrektur des Einkommensteuertarifes 1,5 Milliarden Euro zurückzugeben.Schäubles Steuersenkung würde vielen nicht mehr als 1,00 Euro bringen

Während aber das unerwartete Einnahmeplus maßgeblich auf die Zuwächse niedrigerer und mittlerer Einkommen und deren gestiegener Kaufkraft zurückzuführen ist, sollen von dem Segen der Steuersenkung vor allem die Bezieher exorbitant hoher Einkommen profitieren:

Danach kann ein Geringverdiener mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen (z.v.E.) von 10.000 Euro mit einer jährlichen Entlastung rechnen, die mit 1 Euro etwa dem Briefporto für seine Steuererklärung entspricht.

Ein verheirateter Facharbeiter mit einem z. v. E. von 30.000 Euro darf mit etwa 34 Euro auf den Gegenwert einer handelsüblichen Steuererklärungssoftware hoffen. Wer allerdings ein sehr hohes Einkommen von 255.000 Euro und darüber bezieht, würde um 213 Euro entlastet – ein Normalverdiener könnte sich dafür immerhin professionelle Hilfe beim Ausfüllen der Formulare leisten.

Anhebung des Grundfreibetrags deutlich zu niedrig

Kritikern dieser offensichtlichen Ungerechtigkeit könnte man entgegenhalten, dass die Bundesregierung dafür aber auch die Anhebung des steuerfreien Grundfreibetrages plant, der Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen stärker zu Gute kommt.

Aber auch hier lohnt sich ein genaueres Hinsehen: So wird der Grundfreibetrag aus dem sächlichen Existenzminimum abgeleitet, nach dem sich im Übrigen auch die Höhe des Hartz IV Regelsatzes bestimmt. Die Ermittlung dieses Existenzminimums erfolgt aber mit mangelhaften Daten und fragwürdigen Berechnungsmethoden, die alle darauf abzielen das Existenzminimum klein zu rechnen. Im Ergebnis fällt dadurch auch die geplante Anhebung des Grundfreibetrages deutlich zu niedrig aus.

DGB: Untere und mittlere Einkommen entlasten

Nach Auffassung des DGB sollte sich daher die geplante Entlastung auf die unteren und mittleren Einkommen konzentrieren, zumal diese vom Anstieg der Steuerprogression ungleich stärker betroffen sind. Würde sich die Politik endlich dazu durchringen, Aktionärsgewinne genauso zu besteuern wie eigener Hände Arbeit, könnte die Entlastung auch noch deutlich höher ausfallen und dem Staat gingen dennoch keine Einnahmen verloren. Schließlich fordert der DGB eine seriöse Berechnung des sächlichen Existenzminimums und schlägt hierfür die Einsetzung einer Expertenkommission vor, in der Wissenschaft, Gewerkschaften, Wohlfahrtverbände und andere vertreten sind.

Quelle: www.dgb.de

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