Der 8. Mai 1945 war ein Tag der Befreiung: Die alliierten Streitkräfte beendeten die Terrorherrschaft der Nationalsozialisten nach über sechs Jahren Krieg.
Wir gedenken am 8. Mai der über 60 Millionen Toten dieses Krieges und des Massenmordes an den europäischen Juden sowie aller durch die Nationalsozialisten ermordeten Menschen. Wir halten die Erinnerung wach an die Opfer und an diejenigen, die Widerstand geleistet haben, darunter auch viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. Der 8. Mai ist uns Auftrag und Verpflichtung zugleich – das Vermächtnis von Auschwitz, Treblinka, Buchenwald und Sachsenhausen heißt:
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus! Wir wollen ein weltoffenes, demokratisches Deutschland als Teil eines friedlichen Europa. Freiheit, Demokratie und Menschenrechte sind die Grundlage unserer europäischen Wertegemeinschaft. Wo Menschenrechte missachtet werden, stehen wir auf.
Die Schrecken und das Elend der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft lehren uns, wie wichtig soziale Gerechtigkeit und wie wertvoll echte Demokratie und ihre Mechanismen sind. Sie ermöglichen es, Kontroversen aus der Mitte der Gesellschaft heraus zu lösen. Dennoch werden politische, ethnische oder religiöse Konflikte Teil der globalen Realität bleiben – wie aktuell in verschiedenen Ländern Afrikas, des Nahen Ostens, im Irak, Afghanistan oder der Ukraine. Die internationale Staatengemeinschaft muss alle diplomatischen Anstrengungen unternehmen, die zur Entschärfung der Situation beitragen und die Waffen zum Schweigen bringen. Demokratische Transformationsprozesse bedürfen der Begleitung. Den Aufbau einer starken Zivilgesellschaft gilt es aktiv zu unterstützen. Nur so lassen sich neue Flächenbrände aus Terror und Gewalt verhindern.
Auch wegen der Zunahme militärischer Konflikte und des Aufloderns von Bürgerkriegen in vielen Teilen der Welt befinden sich heute so viele Menschen auf der Flucht wie seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr. Menschen, die vor Krieg, Bürgerkrieg, politischer und geschlechtsspezifischer Verfolgung fliehen, müssen in Deutschland und in der Europäischen Gemeinschaft selbstverständlich Aufnahme finden. Sie müssen individuell Asyl beantragen können und in einem zügigen, fairen Verfahren anerkannt werden.
Wir fordern die Europäische Union auf, die Menschen zu retten, die beim Versuch, über das Mittelmeer zu uns zu fliehen, in Lebensgefahr geraten. Das Mittelmeer darf nicht wegen unterlassener Hilfeleistung der Europäischen Union ein Massengrab für Flüchtlinge sein. Ein Seenotrettungssystem, das von allen EU-Staaten gemeinsam finanziert wird, ist überfällig. Auch die Asylzuständigkeitsregelung muss geändert werden: Wir brauchen ein „Dublin III“, das Flüchtlingen die Chance auf soziale und wirtschaftliche Teilhabe in der Europäischen Union eröffnet.
Flüchtlinge kommen nach Deutschland, um sicher und ohne Angst leben zu können. Doch gerade in den letzten Monaten versuchen Rechtspopulisten und Rechtsextremisten Stimmung gegen sie zu machen und Ressentiments und Ängste zu schüren. Unterkünfte für Flüchtlinge werden attackiert und angezündet. Asylsuchende werden beleidigt, eingeschüchtert und mit Gewalt bedroht. Gegen die menschenverachtende rechte Ideologie setzen wir mit Entschlossenheit unsere demokratische Überzeugung: Nur ein weltoffenes Deutschland und die aktive Förderung einer Kultur des Willkommens in unserem Lande bieten zuverlässig Gewähr gegen ein erneutes Aufblühen rechtsextremistischer Umtriebe.
Hier muss die Politik ihrer Verantwortung nachkommen – und hier sind Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, alle Demokratinnen und Demokraten gefordert, klar und eindeutig Stellung zu beziehen: Wir wehren uns gegen den zunehmenden Rechtspopulismus, wir lassen in Deutschland Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenhass und Intoleranz keinen Raum!
Deshalb rufen wir alle Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auf, sich am 8. Mai 2015 bundesweit an den zahlreichen Veranstaltungen zu beteiligen, die anlässlich des 70. Jahrestages des Kriegsendes zum Einsatz für Frieden und Demokratie aufrufen und gegen Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Hetzkampagnen mobilisieren!
Quelle: www.dgb.de