Zahl der tariflichen Vergütungsgruppen unter 8,50 Euro erneut zurückgegangen

Das ergibt eine aktuelle Auswertung, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt. Das WSI-Tarifarchiv untersuchte rund 4.750 Vergütungsgruppen aus 40 Branchen und Wirtschaftszweigen. Im Dezember 2013 sahen 10 % davon Stundenlöhne von weniger als 8,50 Euro vor. Im Dezember 2012 lag dieser Anteil noch bei 11 %, im September 2011 bei 13 %, im März 2010 bei 16 %.

Die WSI-Untersuchung zeigt: Die große Mehrheit, knapp 90 % der Vergütungsgruppen aus Tarifverträgen, die DGB-Gewerkschaften abgeschlossen haben, sieht Stundenlöhne von 8,50 Euro und mehr vor. Insgesamt 79 % der Vergütungsgruppen beginnen mit einem Stundensatz von mindestens 10 Euro. Letzteres gilt für alle Tarifgruppen in wichtigen Branchen wie der Metall- und der Chemieindustrie, dem Bankgewerbe, dem Bauhauptgewerbe, der Süßwarenindustrie und der privaten Abfallwirtschaft. 12 % der Tarifgruppen liegen sogar bei 20 Euro und mehr. Das Tarifsystem setzt so Untergrenzen oberhalb der Niedriglohnschwelle. Aber in einigen Wirtschaftszweigen sind tarifliche Niedriglöhne relativ weit verbreitet.  Dazu zählen verschiedene Handwerks- und dienstleistungsbranchen, in denen es oft viele kleine Betriebe und relativ wenig organisierte Beschäftigte gibt. Die genauere Analyse der tariflichen Niedriglohngruppen ergibt folgendes Bild:

Niedrige Tarifgruppen unter 8,50 Euro bestehen in 23 Branchen, zumeist begrenzt auf einzelne regionale Tarifgebiete. Besonders betroffen sind acht Branchen:

Landwirtschaft (insbesondere die Saisonarbeit), Floristik, Erwerbsgartenbau, Hotel- und Gaststättengewerbe, Friseurhandwerk, Bewachungsgewerbe, Gebäudereinigerhandwerk, Fleischerhandwerk. In diesen Branchen liegen zwischen 20 und 100 % der Vergütungsgruppen unterhalb von 8,50 Euro.

Niedrige Tarifvergütungen finden sich häufig in älteren Tarifverträgen, die die Gewerkschaften seit einer Reihe von Jahren nicht durch neue, bessere ersetzen konnten.

Die niedrigen Vergütungsgruppen sind auch ein Ost/West-Problem: Mehrheitlich gelten Vergütungsgruppen unterhalb von 8,50 Euro in ostdeutschen Tarifbereichen. Dort beträgt ihr Anteil 27 %, in Westdeutschland sind es dagegen nur 6 %.

In einer Reihe von Tarifbereichen konnte der Anteil der Vergütungsgruppen unter 8,50 Euro deutlich gesenkt werden. Dazu zählen u. a. die Bereiche: Hotel- und Gaststättengewerbe, Fleischerhandwerk, Erwerbsgartenbau, Bewachungsgewerbe und Gebäudereinigerhandwerk.

In einigen Niedriglohnbereichen sind weitere Verbesserungen bereits vereinbart:

Im Friseurgewerbe steigt der allgemeinverbindliche Mindestlohn von zurzeit 7,50/6,50 Euro (West/Ost) bis August 2015 auf einheitliche 8,50 Euro.

In der Leih-/Zeitarbeit wird der aktuelle Mindestlohn von 8,50/7,86 Euro (West/Ost) bis Juni 2016 in zwei Stufen auf 9,00/8,50 Euro angehoben.

In der Fleischindustrie sieht der im Januar erstmals vereinbarte Mindestlohntarifvertrag einen Betrag von einheitlich 7,75 Euro ab Juli 2014 vor. Er wird dann in drei Stufen auf 8,00 Euro (Dezember 2014), 8,60 Euro (Oktober 2015) und schließlich auf 8,75 Euro (Dezember 2016) angehoben.

In der Landwirtschaft sollen die in einigen Regionen noch bestehenden Tarifverträge für Saisonarbeitskräfte künftig entfallen, stattdessen erfolgt eine Eingruppierung in die regulären Tarifverträge. Bis Dezember 2017 sollen die untersten Stundenlöhne schrittweise auf 8,50 Euro je Stunde ab Dezember 2017 angehoben werden.

Weitere Informationen: R. Bispinck/WSI-Tarifarchiv, Tarifliche Vergütungsgruppen im Niedriglohnbereich 2013. Eine Untersuchung in 41 Wirtschaftszweigen, in: Elemente qualitativer Tarifpolitik, Nr. 77, Düsseldorf, Januar 2014 (pdf)

Quelle: www.boeckler.de

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