Der Sachverständigenrat (SVR) zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Jubiläum. Die sogenannten Fünf Weisen befeuern nicht nur regelmäßig die wissenschaftliche Diskussion, sondern haben immer wieder auch neue Konzepte zur Wirtschaftspolitik vorgelegt.
Der Rat, dessen fünf Mitglieder vom Bundespräsidenten berufen werden, gibt alljährlich eine Prognose über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ab. Damit unterstützt er die politischen Instanzen und die Öffentlichkeit bei ihrer Urteilsbildung.
Bei seinen Prognosen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) lag der SVR in der Vergangenheit nicht immer richtig. Viel wichtiger sind aber ohnehin jene Teile des Gutachtens, in denen es um ökonomische Fehlentwicklungen geht – und darum, sie zu vermeiden oder abzustellen. Zwar ist es dem Rat gesetzlich verboten, bestimmte Maßnahmen zu empfehlen. Dennoch haben die „Fünf Weisen“ in den vergangenen fünf Jahrzehnten der Wirtschaftspolitik maßgebliche Impulse gegeben:
-Lohnpolitik. In seinem ersten Gutachten 1964 beschreibt der Rat sein Konzept einer kostenniveauneutralen Lohnpolitik mit dem Spezialfall der produktivitätsorientierten Lohnpolitik. Damit gab der Rat den Tarifparteien ökonomische Orientierungshilfen für ihre jährlichen Lohnverhandlungen. Zwar hat der SVR diese Lohnformel später mehrfach verändert, aber der Grundgedanke gilt auch heute noch. Sowohl die Gewerkschaften als auch die Arbeitgeberverbände orientieren sich bei ihren Lohnverhandlungen an der Produktivitätsentwicklung.
-Haushaltspolitik. Wegweisend war auch das 1968 vorgestellte Konzept eines konjunkturneutralen öffentlichen Haushalts. Mithilfe dieses Konzepts lässt sich der staatliche Finanzierungssaldo in zwei Teile trennen: einen strukturellen Teil, der vom Auf und Ab der Konjunktur unabhängig ist, und einen Teil, der auf einer Unter- oder Überauslastung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials beruht. Der strukturelle Finanzierungssaldo fehlt heute in keinem Indikatorset zur Beurteilung des Konsolidierungsbedarfs und der Nachhaltigkeit von öffentlichen Haushalten.
-Wirtschaftspolitik. Verantwortlich zeichnet der SVR auch für einen fundamentalen Paradigmenwechsel, nämlich weg von der Nachfrage- hin zur angebotsorientierten Wirtschaftspolitik. Nach der ersten Ölkrise 1973 stand im Zentrum der Überlegungen, wie das Produktionspotenzial einer Volkswirtschaft dauerhaft gesteigert werden kann, und nicht mehr, wie Schwankungen wirtschaftspolitisch neutralisiert werden können. Es gab einen Wechsel von der Konjunktur- zur Wachstumspolitik. Impulsgeber war seinerzeit Gerhard Fels, von 1976 bis 1982 Mitglied im SVR und anschließend Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln.
Quelle: www.iwkoeln.de